Am 16.12.2020 haben Sarah und ich euch in der Folge „Es weihnachtet sehr und nun?“ erzählt, wie wir Weihnachten feiern werden, bzw. organisiert haben. Weil letztlich ja alles eine Frage der Organisation ist. Sarah hat mit ihren Kiddos und ihrem Partner ein beschauliches Weihnachten geplant und so hat es auch stattgefunden.

Ich hingegen wollte am Nachmittag des 24. mit meiner Tochter und meinen Eltern eine Christkindbescherung veranstalten und die Kleine sollte dann gegen späten Nachmittag vom Papa abgeholt werden, um mit seiner Familie den restlichen Weihnachtsabend zu verbringen. Am 2. Weihnachtstag würde sie zurückkommen und wir hätten diesen Tag wieder gemeinsam mit meinen Eltern genossen. Ich war so dankbar und froh, dass wir diese Aufteilung stressfrei und problemlos gefunden haben. Es hätte echt ein entspanntes, erstes aufgeteiltes Fest sein können. Doch letztlich kam alles anders als geplant.

Die neue Verordnung, zur Beschränkung von Kontakten durch die Bundesregierung, kam so ziemlich zeitgleich mit unserer Podcast-Folge zu den Festtagen raus. Wie bei vielen von euch vielleicht auch, haben sich meine Eltern dazu entschlossen, Weihnachten in Quarantäne zu verbringen. So dass wir weder den Heiligabend, noch den 2. Weihnachtstag miteinander verbringen konnten. Plötzlich brach in mir was zusammen. Ich, diejenige, die immer gut organisiert ist und alles unter Kontrolle hat, stand auf einmal alleine da. Ich war so traurig und fühlte mich in diesem Moment so allein, dass ich mich wie ein kleines Kind schluchzend wiederfand. Mein erstes Weihnachtsfest als alleinerziehende Mama, mit aufgeteilten Tagen, lief von „perfekt organisiert“ in das komplette Gegenteil: Chaos und Ängste waren auf einmal allgegenwärtig. Wie soll das werden? Versteh mich nicht falsch, ich bin gerne mit meiner Tochter zusammen, sehr gerne. Aber Weihnachten so ganz ohne Familie? Ihr erstes Weihnachtsfest mit getrennten Eltern. Ich war am Boden zerstört.

Kinder haben so ein gutes Gespür für ihre Eltern, das ist echt gruselig. Ich habe meiner Tochter zwei Tage später beim Abendessen erzählt, dass Oma und Opa doch nicht zur Christkindbescherung dabei sein könnten – wegen Corona. Und dass wir am 2. Weihnachtstag mit Kristina verbringen würden. Auf ihre Reaktion war ich so gespannt und ich starrte sie die ganze Zeit an. Sie hingegen knabberte entspannt an ihrem Brot herum, zuckte mit den Schultern und sagte: „Dann sind wir eben nur wir beide. Auch schön.“, und aß weiter. Ich war so erleichtert, dass sie diese Neuigkeit gelassen aufgenommen hat. Dann würde ich eben Heiligabend, wenn sie abgeholt wurde, einen Abend alleine verbringen. Das ist das, was meine Ratio mir sagte und organisatorisch in mir verarbeitet hat. Mein Herz aber meldete sich immer mehr zu Wort und ich verspürte ein ganz mieses Gefühl von Einsamkeit. Vom wirklich alleine sein. Klar, ist die Kleine bei mir und dadurch bin ich ja nicht allein. In mir kam aber das Bedürfnis auf, auch bekümmert zu werden. In dem Moment war niemand da, der sich um mich kümmern konnte. Wie denn auch, wenn ich niemandem so wirklich erzähle, was in mir abgeht, sondern ich lediglich die Fakten weiter gebe. Ich hab mich also so richtig scheiße gefühlt.

Mein eigenes, kleines Drama war dann erst einmal überstanden. Das Gefühl, alleine zu sein, wollte aber nicht verschwinden. Ja, mein Freund war da und wir haben lange gesprochen. Ich hatte zwei Tage Zeit, mich zu erholen, da meine Tochter bei ihrem Papa war. Mir ging es um Längen besser. Meine Tochter kam dann zurück und ich war so froh. So schön es auch ist, Zeit für sich zu haben, ich vermisse sie dann schon und freue mich, wenn sie dann strahlend auf mich zu kommt. Bei diesem Wiedersehen gab es aber kein Strahlen. Ich traf sie am Steuer des Autos auf dem Schoß ihres Vaters sitzend wieder. Sie sah mich an und sagte, sie wolle Heiligabend nun doch nicht mit Papa und seiner Familie verbringen, sondern nur mit mir. In mir kochte es hoch, das Gefühl, das ich vermeintlich gerade verarbeitet hatte und da stand ich wieder. Kurzerhand sagte ich, dass es ok ist, aber es dann keine Änderungen mehr geben würde. Dass es nicht geht, dass sie die Entscheidungen trifft, sondern wir als Eltern das machen. Und diese Aussage war eigentlich an den Vater adressiert.

Allerdings rauschte im Hintergrund noch das Thema, dass die Kleine sich nicht entscheiden konnte, ob sie nun das Wochenende bei ihrem Vater verbringen würde oder nicht. Sie wollte ja schon nicht an Heiligabend hin. Und nun wollte sie auch am 2. Feiertage nicht hin. Es nahm einfach kein Ende. Meine Nerven lagen blank, mein Herz blutete, ich brauchte eine Pause. Gleichzeitig wollte ich ihr nicht vor den Kopf stoßen, sie dazu zwingen zum Papa zu gehen, wenn sie das doch nicht will. Sie wollte bestimmt, aber wollte bei mir sein, weil sie spürte, dass ich nicht ganz auf der Höhe bin. Das hab ich nicht alleine raus bekommen, das hätte ich in dem Moment nicht leisten können. Kristina hat mich darauf hingewiesen und es passte einfach. Sie gab mir auch den Rat, ruhig vor der Kleinen zu weinen und sie wissen zu lassen, dass ich meine Grenzen habe. Vom Gefühl her wusste ich, dass Kristina recht hat, aber ich hab mich nicht getraut.

Selbst als wir zwei zusammen Draußen waren, ließ uns diese Debatte nicht in Ruhe. Ich hab mit den Tränen gerungen. Zu Hause angekommen, brach es mir heraus. Kristina rief an und ich ging weinend ans Telefon. Ich hörte mich wie ein Kind in das Handy sagen, dass ich nicht mehr kann, ich bald ausraste und ich nicht weiß, was ich tun sollte. Meine Tochter kam auf mich zu, rang mit den Tränen und wusste gar nicht, wie um sie geschieht. Mein Herz brach erneut, aber nun war es wie es war und ich sagte ihr, dass dieses Hin und Her mich fertig macht und nicht mehr weiß, was ich machen soll. Dass es wichtig ist, dass sie zum Papa geht, weil er sie ja auch vermisst. Und dass sie wegen mir nicht traurig sein muss, wenn sie zu ihm geht. Und da flossen bei ihr die Tränen und sie nahm mich in den Arm. In der Zwischenzeit kam mein Freund bei uns an und wusste gar nicht, wie ihm geschieht. Wir hatten am Nachmittag noch besprochen, was wir zu Dritt kochen könnten und was wir am Tag drauf machen werden. Da kam er nun rein und fand uns beide heulend wieder. Ich konnte gar nicht mit ihm sprechen, mein Kopf war leer. Ich hatte aber die Kleine besänftigen können und sie war einverstanden, dass der Papa sie nun abholt. Bestimmt war sie ebenfalls überfordert und wollte dann einfach weg. Fair enough!

Als alleinerziehende Mama, die überwiegend das Kind bei sich hat, sind wir diejenigen, die die Kinder emotional abholen, eher verstehen, was dem Kind Sorgen bereitet und wie man dem entgegentritt. Bei uns ist es auf jeden Fall so. Sie vermisst ihren Papa, wenn sie bei mir ist. Völlig berechtigt und das sage ich dann auch. Und wie viele Nächte sie noch schlafen muss, bis sie ihn wiedersieht. Anrufen können wir auch jederzeit. Allein das hilft in der Regel. Ihr Papa hingegen federt das nicht so gut ab und gibt dem und ihr nach, so dass auch ich sie dann abfange.

Also zusammengefasst: Bisher sieht Weihnachten so aus, als wäre ich die gesamten Feiertage alleine mit dem Kind. Aber dann kam es doch noch ganz schön:

Seit 1,5 Jahren geht meine Kleine hier in Hannover in die Kita und sie hat neue Freundschaften geschlossen. Mit der Mama einer dieser Freundinnen habe ich mich sehr gut angefreundet. Mit ihr kann ich reden und das tat ich auch. Ich erzählte ihr von all meinen Gefühlen und wie scheiße es mir geht, ich das aber durchstehe, weil ich ja eben muss! Einen Tag später kam sie auf mich zu und lud mich ein, Heiligabend mit ihr und ihrer Familie zu verbringen. Ich war so gerührt und dankbar, dass ich erst gar nicht wusste, wie ich reagieren soll. Ich bin nämlich eine von den Frauen, die sich schwer dabei tut, um Hilfe oder einen Gefallen zu bitten. Warum? Ja, genau das ist mein Thema und ich werde genau da mal durch ein Coaching reinschauen lassen. Habe ja jetzt durch Kristina und Sarah zwei Coaches in Ausbildung ganz nah bei mir, die mir damit sicherlich helfen werden.

Der Heiligabend puzzelte sich allmählich zu einem doch ganz schönen Tag und Abend zusammen und mir ging es etwas besser. Wir hatten einen fantastischen und schönen Heiligabend verbracht. Die Mädels spielten fröhlich mit ihren Geschenken, meine Freundin hat kulinarisch ordentlich aufgefahren – Chapeau! Es war wirklich einfach nur schön. Auch meine Kleine fand es total schön. Als ich sie ins Bett brachte, unterhielten wir uns noch über den Tag und sie sagte, dass es ein so schönes Weihnachtsfest war und dass sie ihre Geschenke toll findet. Dann drehte sie sich zu mir um und sagte: „Das tollste Geschenk bist aber du Mami.“

Dass meine Eltern nicht mit mir feiern konnten, hat mich aber nach wie vor stark belastet. Ich fühlte mich wie ein kleines Kind. Buchstäblich. Wir machen einiges durch und stehen oft an unserer Belastungsgrenze. Was ich dieses Weihnachten gelernt habe ist, die Augen auf zu machen, die Arme auszustrecken und mich an die Hand nehmen zu lassen. Das größte Geschenk nach all den Anstrengungen ist die Liebe deines Kindes und die Zuneigung und Fürsorge deiner Freunde.

Den ersten Weihnachtstag haben wir mit langem Schlafen, vielem Spielen und Lego aufbauen verbracht und am zweiten Weihnachtstag sind wir dann zu Kristina und hatten dort einen wundervollen Tag und Abend. Unsere Mädels und wir machen ganz gerne mal eine „Übernachtungsparty“ zusammen und das haben wir dann auch noch gemacht.

Meine Kleine ist dann ohne Murren und Zurren zu ihrem Vater gegangen und wurde zu Silvester wieder zu mir gebracht. Wir haben den Silvesterabend zusammen mit meinem Freund bei leckerem Essen genossen und gemeinsam um Mitternacht das neue Jahr begrüßt. Wir beide waren eigentlich ganz schön platt, die Kleine war aber mega aufgeregt und freute sich schon auf Mitternacht. Klar, sie wusste, wenn das neue Jahr beginnt, hat sie bald Geburtstag!

Es war also alles dabei – tiptop organisiertes Weihnachten, das völlig umgeworfen wurde, totale Überforderung, Gefühlschaos und Drama bei Groß und Klein. Und zu merken, dass eins Gewiss ist: Aufgewirbelter Staub legt sich auch wieder und es kann wieder hell werden. Am Ende ist es doch meistens so oder?

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